Kognition und Gedächtnis bei M. Parkinson

Kognition bei M. Parkinson

Veränderung des Denkens, Fühlens und Erlebens sind häufig Teil der Parkinson Erkrankung, betreffen jedoch nicht jeden Patienten.
Morbus Parkinson ist weitaus mehr als eine Bewegungsstörung: neben Tremor, Rigor oder verlangsamten Bewegungsabläufen können auch Veränderungen der Kognition, des psychischen Wohlbefindens oder des Schlafes auftreten. Die frühzeitige Erkennung solcher Veränderungen ist wichtig, weil sie sich auf Aktivitäten des alltäglichen Lebens auswirken können.

Was ist Kognition? Welche Veränderungen treten bei M. Parkinson auf?

Kognition‘ ist ein Sammelbegriff, der verschiedene geistige Fähigkeiten des Menschen umfasst. Hierzu gehören Aspekte des Wahrnehmens und Denkens wie die Aufmerksamkeit, das Gedächtnis und sogenannte exekutive Funktionen.
Diese Fertigkeiten erlauben es uns, im Alltag zielgerichtet zu handeln. Sie ermöglichen uns das konzentrierte Lesen eines Zeitungsartikels, das schnelle Reagieren auf Gefahrensituationen im Straßenverkehr oder auch das Erinnern persönlicher Erlebnisse. Kognitive Fähigkeiten sind somit sehr vielseitig.

Aufmerksamkeit

Im Alltag wirkt eine Vielzahl von Reizen auf uns ein. Das Fokussieren auf eine bestimmte Auswahl dieser Reize in unserer Umwelt ist ein grundlegender Aspekt der Aufmerksamkeit. Häufig ist es gleichzeitig erforderlich, viele ablenkende Reize auszublenden. Patienten mit Morbus Parkinson fällt es unter Umständen schwer, solche Störquellen zu ignorieren. So kann es in lautstarken Umgebungen für sie zum Beispiel schwierig sein, Gesprächen aufmerksam zu folgen. Manche Patienten erleben zudem ihr Denken als verlangsamt.
Unsere Bereitschaft, das Umfeld schnell zu erfassen und auf die Umwelt zu reagieren, kann schwanken. Während wir schlafen ist sie minimal, während Wachphasen dagegen größer. Müdigkeit oder bestimmte Medikamente können diese Reaktionsfähigkeit (auch Alertness genannt) herabsetzen.

Gedächtnis

Unter ‚Gedächtnis‘ versteht man im Allgemeinen das Einprägen („Abspeichern“) und Erinnern von Informationen. Das Gedächtnis ist vielfältig: es umfasst verschiedene Arten von Erinnerung (z.B. Fakten, persönliche Erlebnisse, Fähigkeiten wie das Fahren eines Fahrrads) und umschließt Zeiträume von wenigen Sekunden bis hin zu vielen Jahrzehnten.
Menschen mit Morbus Parkinson haben manchmal Schwierigkeiten, Erinnerungen aus dem Gedächtnis abzurufen. Diese Beeinträchtigung ist meistens allerdings weniger stark ausgeprägt als bei einer Alzheimer-Demenz. So können Patienten mit Morbus Parkinson sich häufig an Informationen erinnern, sobald ihnen Tipps oder Hinweise zur Verfügung stehen. Die Frage, „Hat jemand angerufen?“ kann vielleicht nicht auf Anhieb beantwortet werden. Ob eine bestimmte Bekannte oder Verwandte angerufen hat, können Patienten dagegen wohlmöglich mit großer Sicherheit sagen.
Darüber hinaus kann das ‚prospektive Gedächtnis‘ beeinträchtigt sein: Menschen mit Morbus Parkinson erinnern sich unter Umständen nicht rechtzeitig an Dinge, die sie sich vorgenommen haben. Während am Abend der Plan geschmiedet wird, am folgenden Tag einen Brief zum Postkasten zu bringen, wird der Umschlag am darauffolgenden Tag zu Hause vergessen. Termine werden vielleicht nicht wahrgenommen, weil man sich nicht rechtzeitig erinnert.

Exekutive Funktionen

Zu den exekutiven Funktionen gehören Fähigkeiten wie das Planen, Organisieren und Beginnen von Handlungen. Flexibilität, Multitasking und problemlösendes Denken sind hierbei wichtig. Auch das sogenannte ‚Arbeitsgedächtnis‘ zählt zu den exekutiven Funktionen. Hierbei handelt es sich um die Fähigkeit, Informationen kurzfristig zu behalten und diese Informationen zu manipulieren. Kopfrechnen ist ein klassisches Beispiel für eine Aufgabe, die das Arbeitsgedächtnis beansprucht.
Beeinträchtigungen der exekutiven Funktionen gehören zu den häufigsten kognitiven Veränderungen, die im Rahmen einer Parkinson-Erkrankung auftreten können. Diese können sich in Schwierigkeiten äußern, Entscheidungen zu treffen, den Tag zu strukturieren oder Aktivitäten zu planen. In Unterhaltungen mag es Patienten schwerfallen, auf Anhieb die Worte zu finden, die sie suchen.

Visuell-Räumliche Fähigkeiten

Visuell-Räumliche Fähigkeiten erlauben es uns, zu erfassen, wo sich Dinge im Raum befinden. Durch sie können wir ‚mentale Karten‘ unserer Umgebung bilden und uns orientieren.
Beeinträchtigungen können sich bei Menschen mit Morbus Parkinson in Orientierungsschwierigkeiten äußern. Unter Umständen fällt es Patienten schwer, sich den Weg von Zuhause zum Supermarkt vorzustellen. Auch beim Lösen von Puzzeln können Einschränkungen der visuell-räumlichen Fähigkeiten auffallen.

Aufmerksamkeit und Gedächtnis
Neuropsychologische Tests und die Kernspinbildgebung sind bei Patienten mit M. Parkinson bei der Diagnosestellung und im Verlauf sinnvoll

Neuropsychologische Diagnostik

Sollten Sie Veränderungen der kognitiven Fähigkeiten beobachten, sprechen Sie Ihren Arzt bitte hierauf an. Er kann Sie über Möglichkeiten informieren, eine ausführliche Untersuchung der Kognition wahrzunehmen. Diese Untersuchung wird üblicherweise von Neuropsychologen durchgeführt. Sie umfasst Aufgaben, die teils mit Zettel und Stift und teils am Computer erledigt werden. Anhand der Ergebnisse können die Art und das Ausmaß der Beeinträchtigung eingeschätzt werden ( Mild Cognitive Impairment gegenüber Parkinson-Demenz). Hierbei werden immer auch andere mögliche Ursachen der kognitiven Defizite (z.B. Depression, Medikation) berücksichtigt. So können Ihnen gegebenenfalls optimale Therapiemöglichkeiten empfohlen werden. Außerdem erlauben die Ergebnisse Ihrem Arzt, mögliche Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit im Laufe der Zeit einzuschätzen.

 

Beitrag von Miriam Becke, Neuropsychologie, Sektion für Bewegungsstörungen und Neurostimulation, Klinik für Neurologie, UM-Mainz